GABEK® - WinRelan®
Die Erfahrung und das Wissen von Mitarbeitern und Kunden sind in einer Organisation meistens das größte Potenzial. Doch sieht ein einzelner Mitarbeiter vorwiegend Einzelaspekte. Diese werden erst in ihrer ganzheitlichen Vernetzung nutzbar.
Diese Integration von Erfahrungen, Wissen, Einstellungen vieler Personen vollzieht sich normalerweise über Gespräche. Wenn die Organisation aber groß und deren Produkte komplex werden, dann reichen die üblichen formellen und informellen Kommunikationsgewohnheiten nicht mehr aus um eine koordinierte Zusammenarbeit zu gewährleisten. Man kann dann Verfahren der Wissensverarbeitung, der Wissensorganisation und Wissensrepräsentation einsetzen. Dazu wurde das PC-unterstützte qualitative Verfahren GABEK entwickelt (GAnzheiliche BEwältigung von Komplexität - © J. Zelger, Innsbruck 1991-1998). Es erlaubt eine ganzheitliche Darstellung komplexer gesellschaftlicher Situationen, wobei die reichhaltige Erfahrung der Mitarbeiter und anderer betroffener Personen als Wissensquelle verwendet wird. Es geht darum, das Erfahrungswissen von Mitarbeitern mit dem Expertenwissen von Entscheidungsträgern zu einem übergeordneten kohärenten Ganzen zu verknüpfen. Dazu muss erkundet werden, was die in die Organisation eingebundenen Personen wirklich denken und fühlen, wo sie Prioritäten setzen und welche realisierbaren Verbesserungsmöglichkeiten sie sehen. Wenn so alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft worden sind, dann kann die Organisation durch Vernetzung der Ergebnisse im Sinne der Betroffenen positiv weiterentwickelt werden: Die Dienstleistungen können verbessert und das Wohlbefinden in der Organisation kann gefördert werden.
Als Ausgangstexte für eine GABEK-Analyse dienen z.B. umgangssprachliche Äußerungen aus einer offenen Befragung. Sie werden mithilfe des PC-Programms Winrelan (© J. Zelger, Innsbruck 1992-1998) zu einem transparenten Meinungsnetz verdichtet, das Überzeugungen, Wissen über Ursachen und Wirkungen, Werthaltungen und emotionale Einstellungen in Form von "sprachlichen Gestalten", "Hypergestalten", "Gestaltenbäumen", "Wirkungsnetzen", "Bewertungsprofilen" usw. miteinander vernetzt. Dabei ist jeder Schritt der Auswertung intersubjektiv rekonstruierbar und überprüfbar. Methodologische Untersuchungen haben gezeigt, dass das Verfahren in hohem Ausmaß die Kriterien der Zuverlässigkeit und Gültigkeit erfüllt.
GABEK liefert bei vertretbarem Aufwand unmittelbar umsetzbare Ergebnisse. Der normale Arbeitsablauf bleibt ungestört. Bei wiederholter Anwendung des Verfahrens kann auch die Entwicklung von Unternehmen, sozialen Institutionen usw. aus der Sicht der Mitarbeiter und Betroffenen verfolgt werden. Durch umfassende Information der Befragten wird diesen ein besseres Verstehen der Gesamtsituation vermittelt. Die Mitarbeiter akzeptieren meistens die Ergebnisse, da sie teilweise auf ihre eigenen Vorschläge zurückzuführen sind. Daher sind sie auch motiviert, deren Realisierung aktiv mitzutragen.
GABEK-Projekte unterscheiden sich von quantitativ konzipierten Projekten nicht nur a) durch offene Befragungen, bei denen jeder Befragte sagen kann, was ihm/ihr gerade wichtig erscheint. Es unterscheidet sich auch b) durch die qualitative Auswertung und Vernetzung aller Antworten, c) durch eine ganzheitliche Darstellung der komplexen Meinungsvielfalt, d) durch die Formulierung der Ergebnisse in der Sprache der Befragten, die e) computerunterstützt interaktiv abgefragt und überprüft werden können und f) durch eine hierarchische Ordnung der Ergebnisse im Sinne ihrer Relevanz für die Befragten.
Die verbalen Daten werden vollständig im Sinne der folgenden Verfahrensschritte analysiert:
Textübernahme
Nach der Transkription werden Word-Dokumente oder Textdateien automatisch in das Programm Winrelan übernommen.
Codierung
Dann werden die Texte codiert.
Clusteranalyse
Sie werden automatisch in vorläufige Textgruppen zerlegt.
Der Gestaltenbaum
Die Textgruppen werden zu sinnvollen und widerspruchsfreien Problemgebieten und Schwerpunkten umgearbeitet und hierarchisch in Form von sprachlichen Gestalten und Hypergestalten geordnet.
Das Wirkungsgefüge
Die Aussagen der Befragten über angenommene Ursachen und Wirkungen werden als vielschichtiges Netz dargestellt.
Das Bewertungsprofil
Bewertungen, Wünsche und Einstellungen, die in den Antworten zum Ausdruck kommen, werden geordnet nach Häufigkeiten in Listenform wiedergegeben.
Relevanzanalyse
Aus Gestaltenbaum, Wirkungsgefüge und Bewertungsprofil zusammen ergeben sich die strategisch relevanten Kernvariablen für das untersuchte Problemgebiet.
Verstehen komplexer Situationen
Durch Navigieren im Gestaltenbaum kann man den Argumentationsketten der Befragten folgen und sich einen deduktiv geordneten Gesamtüberblick verschaffen.
Grundwerte und Oberziele
Einige der bedeutsamen Kernvariablen drücken das Wertsystem der befragten Personengruppe aus. Es sind Grundwerte und Oberziele, die erläutert werden. Sie dienen zur Formulierung eines Leitbildes.
Maßnahmen
Die von den Befragten vorgeschlagenen Maßnahmen werden den Grundwerten und Oberzielen zugeordnet.
Gewichtung von Maßnahmen
Es werden Maßnahmen hervorgehoben, die laut Meinung der Befragten und/oder der Betroffenen viele günstige und wenig ungünstige Folgen erwarten lassen.
Vergleich von Ergebnissen
Durch Gegenüberstellung der Meinungen pro und contra kann man zu beliebig kombinierbaren Suchbegriffen und mit beliebiger Zielsetzung Gespräche zwischen den untersuchten Personengruppen simulieren. Damit wird es möglich, die Argumentation der je anderen in ihrer eigenen Sprache zu lernen und zu verwenden.
Dieser Text ist im Original erschienen unter:
Zelger, Josef: Projektbericht Nr. 56 der Reihe: Philosophie und Verfahren kreativer Selbstorganisation, Innsbruck, Dezember 1998, Institut für Philosophie der Universität Innsbruck